Jungfrau-Marathon Interlaken 09.09.06
 

 

Zur Vorbereitung rannten sie auf die Deiche oder stiegen im Motodrom in Halbemond die Treppen hoch. Spinning und Training auf dem Laufband gehörten ebenso zum Trainingsalltag. Und wer die Möglichkeit hatte, machte vorher schon mal Urlaub in den Bergen - um fit zu sein für den Jungfrau - Marathon in der Schweiz, der jedes Jahr im September gelaufen wird. Zur 14. Auflage hatten sich mit Lutz Holzapfel, Enno Nannen, Helmut Spinneker und Uwe Marschall gleich vier Langstreckler des Norder Turnvereins angemeldet. Vor fünf Jahren habe er in Bern ein Plakat vom Jung­frau-Marathon gesehen, da habe er überlegt, den einmal mitzumachen, erklärt Enno Nannen, woher die Idee kam, als Mensch aus dem Flach­land zur "schönsten Marathonstrecke der Welt" zu rei­sen. Da muss man höhenfest sein, gilt es doch vom Start in Interlaken bis zum Ziel auf der Kleinen Scheidegg immerhin von 566 auf 2100 Meter über den Meeresspie­gel aufzusteigen ,oder nach Möglichkeit eben zu laufen. ' Konkret wurden die Pläne der Norder im letzten Jahr, Damals war die Gruppe der Begeisterten noch größer, aber Verletzungen in den letz­ten Monaten zwangen gleich mehrere, die Laufschuhe zu Hause zu lassen und "nur" als Begleitperson mitzufahren. "Ich war nicht so kaputt wie beim normalen Marathon", sagt Enno Nannen jetzt, mit einigen Tagen Abstand. Tatsächlich lassen sich beide Laufformen wohl kaum miteinander verglei­chen. Geht es bei den flachen Distanzen darum, lange mit gleichmäßig viel Tempo zu' aufen, muss man sich bei einem derartigen Rennen die Kräfte ganz anders einteilen. Da es eigentlich nirgendwo wirklich flache Strecken gibt, werden im Verlauf der Stun­den auf der Strecke ganz an­dere Muskeln intensiv be­ansprucht - und das haben die Norder immerhin so gut trainiert, dass sie alle das Ziel oben auf der Kleinen Schei­degg erreichten. Der Weg bis dahin aber hatte es in sich. Als "relativ flach" gelten die ersten gut 25 Kilometer bis nach Lauter­brunnen. Tatsächlich ist alles aber auch bis dahin schon anspruchsvoll genug, so dass man mit seinen Kräften gut haushalten sollte. Begleitet von etlichen Fans an der Strecke hatten die Ma­ rathonis zumeist vor allem' eins im Sinn: Viel trinken und durch Riegel, Bananen und andere Nahrungsmittel ständig genügend Kalorien zuführen - das war in diesem Jahr noch wichtiger als sonst, weil jeder durch das unerwar­tet warme Wetter noch mehr schwitzte als ohnehin schon durch die Strapaze Selbst die "normalen" Ma­rathons, so heißt es, begin nen erst richtig jenseits der 30-Kilometer-Marke. Beim Jungfrau-Marathon ist man nach 30 Kilometern in Wen­gen, immerhin 1284 Meter hoch gelegen, angekommen, und jeder hat hier längs,t das Laufen zugunsten schnellen Wanderns aufgegeben Die guten gepflasterten Wege gehören spätestens jetzt der Vergangenheit an, es geht von nun an über Schotter und durch den Wald. Die Zuschauermassen blei­ben, aber das Gelände wird immer enger und schwie­riger. Da liegt schon mal ein Felsbrocken im Weg, gibt es, je weiter man kommt, keine Möglichkeit mehr, überhaupt noch zu überholen. Wer sich bis Kilometer 38 nicht dort eingereiht hat, wo er von seinem Tempo her hingehört, der muss sieh jetzt einfügen - denn von nun kann man nur noch hintereinander wie im Gänsemarsch herstapfen. Die Läufer sind auf einer Moräne, die links und rechts steil abfällt, es geht natürlich immer weiter stetig bergauf, man kann aber nur noch gu­cken, dass man dem Vorder­mann nicht auf die Füße tritt und vor allem nicht abstürzt. Der Weg ist hier nicht um­sonst außerordentlich gut markiert. Alle 250 Meter ste­hen Zeichen, die genauen Koordinaten sind angegeben, nicht für den Läufer, sondern damit der Hubschrauber weiß, wo er hin muss, falls jemand gerettet werden 'muss. Die Norder bleiben von Ver1etzungen und Muskelkrämpfen weitgehend verschont. Die dünne Luft macht zwar dem ein oder anderen zu 'schaffen, aber die Flachländer beißen sich durch, laufen an den Sanitätszelten, di.e alle 2,5 Kilometer stehen, vorbei. Sie gehören zu den Glücklichen 5652 Läufern, die sich wenige Kilometer vor dem Ziel schon einmal musikalisch begrüßen lassen. Da werden Alphörner geblasen und Fahnen geschwenkt - und auf dem höchsten Punkt wartet der Dudelsackspieler - wie jedes Jahr. Er gehört zur Tradition.des Jungfrau-Marathons und er absolviert seine eigene Ultradistanz, denn er spielt immerhin geschlagene sechseinhalb Stunden lang auf seinem Instrument. Vielleicht bläst er den Läufern ja einen Marsch, denn die müssen auf dem letzten Stückchen noch einmal alle ihre Kräfte mobilisieren, schließlich kommen jetzt als Höhepunkt die schlimmsten zwei Kilometer bis zum Ziel: Es geht bergab über einen Schotterweg. Und das nach stunde langem Marsch steil nach oben! Nicht wenige fallen hier, stürzen, schlagen sich Hände und Knie auf. Die Norder kommen alle durch - unverletzt - und eben sogar noch weniger erschöpft als nach gut 42 Kilometern bei einem Citymarathon.durch - unverletzt - und eben sogar noch weniger erschöpft als nach gut 42 Kilometern bei einem Citymarathon. Das muss auch an der guten Vorbereitung am Deich und auf den Treppen des Motodroms gelegen haben.

428. Platz M 45 Zeit 05:37:10 Lutz Holzapfel
148. Platz M 55 Zeit 05:49:25 Enno Nannen
184. Platz M 55 Zeit 06:01:35 Helmut Spinneker

422. Platz M 45 Zeit 05 35:34 Uwe Marschall

 

.